"Man hat nur eine Chance!"

BGE

Reportage

Die Höhenrettung in der Gruben- und Werkfeuerwehr: Wenn im Bergwerk etwas passiert, dann kommt die Grubenwehr und rettet die Kumpel. Aber was ist, wenn der Unglücksort nicht zu Fuß oder einem Fahrzeug erreichbar ist? Wenn die Rettung von einer Sohle zur nächsten über einen Schacht erfolgen muss? Hier kommen die Höhenretter der Grubenwehr zum Einsatz. Statt mit schwerer Ausrüstung und Atemschutzgeräten haben sie Seile und Haken mit dabei, aber leichter ist ihre Arbeit nicht – ganz im Gegenteil.

Zunächst einmal ist jeder Höhenretter unter Tage auch ein Mitglied in der Grubenwehr. Damit ist die Notwendigkeit, den Atemschutzgeräteträger- Lehrgang und die regelmäßigen Belastungsübungen erfolgreich zu absolvieren, sowieso schon gesetzt. Dazu kommt eine intensive Zusatzausbildung. Vor allem steht aber eins ganz am Anfang: Schwindelfreiheit. Denn ohne diese geht es nicht! Die Höhenretter arbeiten immer unter Absturzgefahr, Höhenangst ist ein Ausschlusskriterium. In Probeseminaren können die Wehrleute testen, ob sie zum Beispiel in über 20 Meter Höhe über ein Gelände klettern können. Spätestens da, so sagen die Ausbilder, stellt sich heraus, wer weitermacht und den Grundlehrgang für Höhenretter besucht und für wen die Ausbildung möglicherweise doch nichts ist.

Der einwöchige Grundlehrgang wird an zentralen Kompetenzzentren absolviert, für Schacht Konrad beispielsweise ist das in Leipzig. Auch hier stehen die angehenden Höhenretter vor der Hürde, die Angst vor der Höhe zu überwinden. Niemandem wird es leichtfallen, sich von einem 50 Meter Turm abzuseilen, auch wenn man doppelt gesichert ist. Wer das Geländer nicht loslassen kann, für den endet an dieser Stelle die Ausbildung. Das kann passieren, sagen die Ausbilder der Höhenrettung. Nicht jeder kann die natürliche Höhenangst überwinden und nicht jeder ist dafür gemacht, sich in einem Blindschachtgesenk abfahren zu lassen.

Auch wenn die Arbeit gefährlicher erscheint – ein Absturz ist immerhin keine Option, es gibt nur eine Chance, es richtig zu machen – ist die Höhenrettung nicht gefährlicher als ein anderer Einsatz. Es wird immer mit Redundanzen wie zum Beispiel doppelten Seilen, gearbeitet. Diese Regeln verlängern aber die Dauer, bis jemand wirklich einsatzbereit ist.

In einem Bergwerkschacht hängt eine Mann angeseilt von der Decke. An ihm hängt eine Trage mit einem Verletzten
Die Höhenrettung birgt verletzte Personen aus unwegsamem Gelände.
"In der Höhenrettung darf kein Fehler passieren, man hat immer nur eine Chance. Trotzdem ist es nicht so, dass das gefährlicher ist als ein anderer Rettungseinsatz. Wir arbeiten immer mit doppelten Redundanzen, aber genau solche Regeln müssen immer beachtet werden. Das alles zu erlernen dauert lange."
Portrait von einem Mann in roter Jacke und mit Helm in einem Waschraum
Peter Osbelt, 59 Jahre, Leiter Grubenwehr Morsleben & Gorleben
Zwei Männer in roten Arbeitsanzügen gehen durch einen Bergwerkschacht. Zwischen ihnen tragen sie eine Trage mit einem Verletzen.
Bergung einer verletzten Person unter Tage mit einer Transportbahre.
In einem Bergwerkschacht ziehen 4 Männer in roten Arbeitsanzügen eine Trage aus der Tiefe.
Endlager Morsleben: Die Höhenretter bei einer Übung.

Sechs Übungen pro Jahr

Nach der eigentlichen Ausbildung stehen mindestens sechs Übungen pro Jahr an – zusätzlich zu den regulären Grubenwehrübungen – und alle vier Jahre ein Wiederholungslehrgang. Dabei ist sicher zu stellen, dass alle Höhenretter auf mindestens 40 Seilstunden pro Jahr kommen. Das ist in den zusätzlichen Leitlinien für die Höhenrettung festgeschrieben, ebenso wie die Sollstärke von zehn Personen pro Standort. Die Hierarchie ist in dieser Gruppe dabei noch einmal flacher als in der Grubenwehr – es gibt Höhenretter und Ausbilder.

In den Übungen und Einsätzen geben letztere vor, an welchen Anschlagpunkten die Seile festgemacht werden, welche Geräte eingesetzt werden und so weiter. Das muss dann auch nicht zwangsläufig ein Oberführer sein.


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