Michael Beleites

Blankenstein

Michael Beleites, 60, ist Landwirt und war ein wichtiger Akteur der Umweltbewegung in der DDR. Beleites erstellte 1988 eine Untergrundschrift zu den Folgen des Uranbergbaus in der DDR und forderte dessen Beendigung.

Was bringt einen jungen Mann dazu, sich mit einem autoritären Staat anzulegen? War das ziviler Ungehorsam oder Notwehr?
Notwehr war es nicht, weil ich ja nicht unmittelbar betroffen war. Mir ging es darum, Gefahren öffentlich zu machen und auf die Verantwortung hinzuweisen, die sich daraus ergibt: eine Verantwortung gegenüber den Bergleuten, gegenüber den Menschen, die im Umfeld leben und gegenüber den möglichen Opfern sowjetischer Atomprojekte oder sowjetischer Atomwaffen, für die das Uran in der DDR abgebaut wurde.

Was hat die Zerstörung der Landschaft mit den Menschen gemacht?
Das ist nicht zu unterschätzen. Die Menschen wurden von ihrer Heimat entfremdet und sind so letztlich auch gegenüber den Umweltschäden gleichgültig geworden. 

Wie blicken Sie heute auf Proteste gegen Großprojekte wie Windparks, Stromtrassen oder Verladezentren?
Solche Proteste sind berechtigt. Als vor gut 100 Jahren der Umweltbegriff in die Ökologie eingeführt wurde, ging es um den Zusammenhang von Umwelt und Innenwelt. Der Biologe Jakob von Uexküll hatte erkannt, dass die Umwelt immer auch ein Teil der Innenwelt ist. Die Zerstörung der landschaftlichen Umwelt ist immer auch ein Anschlag auf die Seelenverfassung der hier lebenden Menschen. Wenn das juristisch handhabbar wäre, wäre die Debatte ehrlicher. Dann müssten nicht die Feldlerche oder Fledermäuse vorgeschoben werden.

Worüber sollte gestritten werden?
Glaubwürdig ist Widerstand nur, wenn auch grundsätzliche Alternativen diskutiert werden: Brauchen wir so viel Strom? Was steht einer Umkehr von zentralistischen Strukturen hin zu einer regionalen Versorgungssouveränität im Wege? Wie verknüpfen wir ein Weniger an Energie- und Ressourcenverbrauch mit einem Mehr an Lebensqualität?

Auqarellzeichnung: Kopf eines Mannes mit Drei-Tage-Bart und kurzen Haaren
Illustration: Lauren Tamaki
Top